Harninkontinenz


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Man vermutet, dass bis zu 60 % aller Frauen über 60 Jahre unter einem unwillkürlichen und unkontrollierten Urinverlust leiden. Aber auch in jüngeren Jahren und bei Männern kann es zu diesen Beschwerden kommen. Leider kennen wir Urologen/innen immer noch nicht das ganze Ausmaß des Problems, weil die meisten Betroffenen sich nicht trauen, den Arzt oder die Ärztin ins Vertrauen zu ziehen, vermutlich auch weil sie denken, dass man ihnen sowieso nicht helfen kann. Ein Irrtum! 

 

Zum genauen Analysieren der Ursache wird zunächst von uns eine genaue Anamnese (Krankengeschichte) erhoben. Um uns zu helfen, können Sie sich auf dieses Gespräch vorbereiten. So können Begleiterkrankungen, durchgemachte Operationen,  bei Frauen der Ablauf stattgefundene Geburten oder auch begleitende Medikamente, die Sie regelmäßig einnehmen, von Bedeutung sein. Wir möchten gerne wissen, wie oft und bei welcher Gelegenheit Sie Urin verlieren, also zum Beispiel beim Husten, beim Sport usw. Auch möchten wir wissen, wie viele Vorlagen Sie zur Zeit am Tag und Nacht benötigen.

Aus diesen Angaben können wir bereits wichtige Rückschlüsse auf die Art Ihrer Inkontinenz ziehen.

Ursachen und Arten der Urininkontinenz


Unwillkürlicher Urinverlust, Arten der Urininkontinenz, Belastungsinkontinenz, Stressinkontinenz, Urgeinkontinenz, Reizblase, Mischinkontinenz, Überlaufblase
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Je nach Ursache werden folgende Inkontinenzarten unterschieden:

 

  • Belastungs – oder Streßinkontinenz. Diese Inkontinenzform tritt bei ungenügender Funktion des Schließmechanismus der Harnblase und zwar der Schließmuskel, schwacher Beckenbodenmuskel / - sehnen auf.  Dabei verlieren  Patienten Urin bei körperlicher Belastung sowie Aufstehen, Husten, Bücken, Heben, Lachen und s.w.. Im schlimmsten Fall läuft Urin ständig und unbemerkbar für Betroffenen aus. Ursächlich für solche Inkontinenzform sind häufig Verletzungen der Schließmechanismus bei Operationen im kleinen Becken sowie Darmeingriffe, Prostataentfernung, endoskopische Eingriffe durch die Harnröhre, vaginale Entbindungen, Trauma oder altersentsprechende Schwäche.

 

  •  Streßinkontinenz (Reizblase).  Bei dieser Inkontinenzform ist der Schließmechanismus intakt. Die Ursachen liegen in der Fehlfunktion der nervalen Steuerung der Harnblase  oder einer chronischen Entzündung der Blase. Dabei beklagen die Patienten einen häufigen oder ständigen Harndrang, wobei der Drang die Blase zu entleeren so stark ist, dass es häufig zum unwillkürlichen Urinverlust führt. Die Betroffene müssen daher sehr häufig Wasser lassen, was nachts zum Entzug der kostbaren Schlafzeit führt und am Tag eine Behinderung für körperliche Aktivitäten darstellt.  Häufig sind die Ursachen für diese Beschwerden unbekannt. Es gibt aber ganze Reihe uns bekannter Krankheiten, welche zu dieser Inkontinenzform führen können. Dazu gehören häufige Harnwegsinfektionen, Schädigung der Rückenmarktes zum Beispiel infolge vonBandscheibenvorfällen, Spinalkanalenge, Trauma der Wirbelsäule, Nervenschädigung bei Diabetes (Zuckerkrankheit), multiple Sklerose, Schlaganfall, Parkinson. Auch operativen Eingriffe im kleinen Becken, Bestrahlung oder Chemotherapie bei Krebsbehandlung können solche Nervenschäden verursachen.
  • Mischinkontinenz. Bei diesem Inkontinenzform werden  Merkmalle von beiden o.g. Inkontinenzarten beobachtet.

 

 

  • Überlaufinkontinenz.  Dabei sprechen wir über keine echte Inkontinenz, da alle Kontinenzmechanismen intakt sind. Hier handelt es sich um eine Blasenentleerungsstörung, wodurch es zur Überfüllung der Harnblase kommt. Dabei können sich in der Blase bis zur 1-3 Liter Urin sammeln. Dadurch entstehen hohe Drucke in der Blase und Urin drückt sich heraus. Daraufhin kommt es zum tropfenweisen Urinverlust, was meistens mit einem häufigen Harndrang begleitet wird. Ursächlich dafür sind die Abflüsshindernisse aus der Harnblase sowie eine Prostatavergrößerung, Harnröhrenenge, Blasentumor, Prostatakrebs und Blasensteine. Dieser Zustand muss sofort behandelt werden, da durch einen hohen Druck eine Urinrückstau bis zu den Nieren auftreten kann, was eine erhebliche Schädigung der Nierenfunktion (Niereninsuffizienz) als Folge hat.

Diagnostik


Neben einer gründlichen Besprechung der Beschwerden ist es zunächst wichtig , dass der Patient ein so genanntes Miktionsprotokoll führt. Hier wird dokumentiert, wann wie viel getrunken und ausgeschieden wurde und auch wie oft und wann es zum unwillkürlichen Urinverlust kam.

Neben einer gründlichen Untersuchung des Urins zum Ausschluss von Infektionen schließt sich neben einer körperlichen Untersuchung und Sonografie möglicherweise eine Blasenspiegelung an. Diese kann heutzutage, auf Wunsch auch in Narkose, annähernd beschwerdefrei für die Patientin oder die Patienten durchgeführt werden.

Zusätzliche Spezialuntersuchungen sind in der Regel nur im Einzelfall nötig. Die dafür gegebenenfalls erforderlichen Geräte werden von uns selbstverständlich vorgehalten, so dass die komplette Diagnostik ambulant in unserer Praxis erfolgen kann.

Behandlung


So vielfältig die Ursachen der Harninkontinenz sind, so individuell muss natürlich auch das Behandlungskonzept aussehen, welches wir als Fachärzte zusammen mit Ihnen entwickeln.

Es reicht von Physiotherapie (Beckenbodengymnastik, Reizstrombehandlung, Bio-Feedback), die wir am Ort zusammen mit erfahrenen Therapeuten durchführen lassen, über die medikamentöse Therapie zur Stabilisierung der Blase bis zur operativen Behandlung, die natürlich nur der letzte Schritt sein sollte.

In jedem Fall können Sie sicher sein, dass wir gemeinsam ein passendes Konzept entwickeln, um Ihnen zu helfen und wieder zu einer zufriedenstellenden Lebensqualität zu verhelfen.